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Am Rande der Pfahlbauökumene

DFG-Projekt "Degersee"

Der Degersee ist ein kleines Gewässer unweit Kressbronn am Bodensee. In der Wissenschaft ist der See bereits in den 1960er Jahren wegen seiner bis an das Ende der letzten Eiszeit zurückreichenden Sedimentabfolgen bekannt geworden. Die Schichtabfolgen des Degersees, des Schleinsees und einiger weiterer kleiner Wasserkörper in der Nachbarschaft gelten seither als außerordentlich wichtige Informationsquellen im Bezug auf die Geschichte des Naturraums und der Landnutztung im östlichen Bodenseeraum und im westlichen Allgäu.

2002 beobachtete Franz Hau aus Hofs / Allgäu beim Baden im Degersee Pfähle, die er dem Landesamt f. Denkmalpflege meldete. Es stellte sich heraus, dass der Amateurarchäologe auf die Reste steinzeitlicher Seeufersiedlungen gestoßen war. Nachfolgende Untersuchungen durch Taucharchäologen bestätigten, dass wir es mit mindestens 2 übereinander liegenden steinzeitlichen Dörfern zu tun haben, die in den weichen Sedimenten des Sees versunken sind. Neben den Fundamenten der Holzhäuser sind am Rand des ehemaligen Dorfes auch Abfallschichten erhalten geblieben. Weiterhin lag in unmittelbarer Nähe ein Einbaum aus der Frühen Bronzezeit, der 2007 dokumentiert und anschließend wieder im See versenkt wurde.

Damit ergeben sich einzigartige wissenschaftliche Möglichkeiten. Die Verknüpfung der Naturwissenschaftlichen Untersuchungen mit den archäologischen Daten verspricht detaillierte Aussagen zur Umwelt- und Wirtschaftsgeschichte eines bislang weitgehend unbekannten steinzeitlichen Siedlungsraumes. Dass die Fundstelle am Rand des bislang bekannten Verbreitungsgebietes der prähistorischen "Pfahlbauten" liegt, könnte sich dabei als Glücksfall erweisen. Kulturelle und natürliche Prozesse zeichnen sich in den "Geoarchiven" des Bodens und der Seesedimente hier sehr prägnant ab. Im Umfeld der kulturellen Zentren am westlichen Bodensee und in Oberschwaben sind einzelne archäologische Spuren oft durch sich überlagernde und vielfach überschneidende Vorgänge stark verwischt.

Das Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart führt seit November 2008 mit Fördermitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft ein Forschungsprojekt in der Fundstelle durch. Antragsteller sind Prof. Dr. D. Planck, Präsident des Landesamtes f. Denkmalpflege, und Dr. J. Merkt, der federführend an den geochemischen, pollenanalytischen und sedimentologischen Untersuchungen der Vergangenheit beteiligt war. Im Projekt arbeitet ein ganzer Fächer naturwissenschafticher Disziplinen - Archäobotanik, Pollenanalyse, endrochronologie, Paläo-Osteologie, Pedologie zusammen. UWARC leitet die Geländeaktionen und führt die archäogische Auswertung durch. Die Projektkoordination liegt bei Dr. H. Schlichtherle.

Der See befindet sich in Privatbesitz. Tauchen ist im Degersee generell untersagt.

Blick über den Degersee nach Südwesten. Im Hintergrund die Alpen. Foto: LAD/ M. Mainberger.
Die Fundstelle liegt außerhalb des bekannten Verbreitungsgebietes der südwestdeutschen "Pfahlbauten", das sich auf die klimatisch besonders begünstigten Landschaften des westlichen Bodenseegebietes und Oberschwabens beschränkt (Graphik: uwarc. Klimadaten: Deutscher Wetterdienst, Zentralanstalt f. Meteorologie und Geodynamik, Wien; MeteoSchweiz)
Der Degersee versteckt sich in einem in der letzten Eiszeit entstandenen Drumlingebiet. Nach Osten steigt die Landschaft in Richtung des Westallgäuer Hügellandes an, der Bodensee liegt im Süden, im Norden und Westen verläuft die Untere Argen. (Graphik: uwarc; LIDAR-Daten: LAD im RP Stuttgart)
Die Pfahlfundamente der steinzeitlichen Häuser ragen aus dem Seeboden (Foto: AD/ Martin Mainberger)
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